Das Wichtigste ist, dass man, wenn sich eine Pflegebedürftigkeit abzeichnet, zeitnah einen Pflegegrad beantragt. Wenn Sie sich unsicher sind, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, nehmen Sie vorab Kontakt mit der Pflegekasse auf. Der Anspruch auf Pflegeleistungen besteht erst, wenn der Versicherte in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung zwei Jahre als Mitglied in die Pflegekasse eingezahlt hat oder familienversichert ist.
Wer ist im Sinne des Gesetzes pflegebedürftig?
Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Beeinträchtigungen können körperlicher, geistiger oder psychischer Art sein oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen, die nicht selbstständig kompensiert oder bewältigt werden können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – aber mindestens sechs Monate – und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.
Wie funktioniert die Beantragung des Pflegegrades und was muss ich tun?
Vor der Beantragung sollten Sie sich zuerst informieren, ob die Voraussetzungen für die Einstufung in einen Pflegegrad gegeben sind. Hierzu sollten Sie sich an Pflegesachverständige oder die Pflegekasse wenden. Wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen, beantragen Sie die Pflegeleistungen bei Ihrer Pflegekasse. Die Pflegekasse ist an Ihre Krankenkasse angeschlossen. Der Antrag kann formlos gestellt werden, oder Sie laden sich einen Vordruck des Antrages von Ihrer Pflegekasse, füllen diesen aus und schicken ihn - am besten per Einschreiben – an die zuständige Pflegekasse.
Anschließend erhalten Sie Besuch von einem Gutachter des MDK, das ist der Medizinische Dienst der Krankenkassen, der die Einstufung in einen Pflegegrad beurteilt, oder – bei Privatversicherten - von MedicProof. Insgesamt werden 64 Punkte zum Gesundheitszustand und zu Einschränkungen beurteilt. Je mehr dieser Punkte zum Pflegebedarf durch den Gutachter anerkannt werden, umso höher ist die Einstufung in einen Pflegegrad und damit verbunden die Leistungsansprüche des Pflegegeldes oder an Sachleistungen für Pflegedienst und Pflegeheim.
Die wichtigsten Kriterien bei der Begutachtung zur Selbstständigkeit sind:
- Die Mobilität des Pflegebedürftigen
- Kommunikative und kognitive Fähigkeiten
- Verhalten und psychische Probleme
- Die Selbstversorgung
- Unterstützung beim Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und
- Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte
Den Termin mit dem Sachverständigen zur Beurteilung des Pflegegrades sollten Sie deshalb gut vorbereiten, da viele finanzielle Leistungen davon abhängen.
Aufgrund der Beurteilung des Gutachters entscheidet die Pflegekasse (bzw. die Pflegeversicherung) ob und welcher der fünf Pflegegrade lt. SGB anerkannt wird. Bei einem positiven Bescheid werden rückwirkend ab dem Tag der Erstantragstellung die Leistungen (z. B. das Pflegegeld) bewilligt und direkt ausbezahlt.
Welche Pflegegrade gibt es und wie ist die Einstufung?
Pflegegradeinstufungen werden nach Pflegegrad 1, 2, 3 4 und 5 vorgenommen.
Der Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe der Pflegebedürftigkeit und hier stehen dem Pflegebedürftigen je 125€ im Monat für die ambulante Entlastung und in der vollstationären Pflege zu. Diese 125€ Entlastungsbeitrag erhalten auch die Pflegegrade 2 bis 5 zusätzlich zu den vollstationären und Pflegesachleistungen.
Beim Pflegegrad 2 sind es 770€ für vollstationäre Pflegeleistungen, wenn ein Pflegebedürftiger dauerhaft in einer Pflegeeinrichtung versorgt wird und bis zu 724 € Pflegesachleistungen, also zur Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst.
Der Pflegegrad 3 bekommt 1262€ vollstationäre Leistungen und bis zu 1363€ Pflegesachleistungen.
Der Pflegegrad 4 bekommt 1775 € vollstationäre Leistungen und bis zu 1693€ Pflegesachleistungen.
Beim Pflegegrad 5 erhält 2005€ vollstationäre Leistungen und bis zu 2095€ vollstationäre Leistungen von der Pflegekasse.
Bei den Pflegesachleistungen rechnet die Krankenkasse direkt mit dem ambulanten Pflegedienst ab.
Nach der Antragstellung
Sie haben einen Anspruch auf frühzeitige und umfassende Beratung durch die Pflegeberaterinnen und Pflegeberater Ihrer Pflegekasse, der auch für Angehörige oder weitere Pflegepersonen besteht, sofern Sie zustimmen. Direkt nach der Antragstellung bieten die Pflegekassen einen konkreten Termin zu Pflegeberatungen an, den Sie innerhalb von zwei Wochen wahrnehmen sollten. Sie erhalten auch einen konkreten Pflegeberater (in) genannt, der für Sie zuständig ist.
Der Leistungsbescheid
Sie erhalten nach der Begutachtung den Leistungsbescheid der Pflegekasse automatisch übersandt.
Sie sind der Meinung der Pflegegrad wurde falsch eingestuft?
Wenn Ihr Antrag auf Einstufung vom Gutachter oder der Pflegekasse abgelehnt oder ein zu niedriger Pflegegrad anerkannt wurde, sollten Sie Widerspruch einlegen. Dazu haben Sie vier Wochen Zeit. Achten Sie auf eine professionelle Begründung, damit er bei erneuter Prüfung anerkannt wird. Lassen Sie sich gegebenenfalls helfen, hierfür können Sie Unterstützung von Pflegesachverständigen einholen. Wenn Sie auf den Widerspruch verzichte und anstatt des Widerrufs den Pflegegrad neu beantragen, verliert der Antragsteller alle Ansprüche aus dem Erstantrag.
Kann ich den Pflegegrad später hochstufen lassen, wenn sich der Zustand des Pflegebedürftigen verschlechtert?
Wenn die Pflegebedürftigkeit bereits anerkannt und ein Pflegegrad festgelegt wurde, können Sie bei Verschlechterung der Situation eine Höherstufung beantragen. Das Vorgehen ist das Gleiche wie beim Erstantrag auf einen Pflegegrad. Laden Sie sich von der Pflegekasse das Antragsformular runter und kreuzen Sie die Höherstufung des Pflegegrades an. Das Schreiben sollten Sie wieder per Einschreiben versenden. Anschließend erfolgt eine erneute Begutachtung durch den MDK oder MedicProof in einem Begutachtungstermin.
Fazit: Wenn sich eine Pflegebedürftigkeit bei Ihnen oder einem Angehörigen abzeichnet, ist es wichtig schnellstmöglich einen Antrag auf Einstufung in einen Pflegegrad zu stellen, da Sie ab Antragstellung Leistungen (auch rückwirkend) nach erfolgreicher Einstufung erhalten. Der Antrag muss direkt bei der Pflegekasse, die an Ihre Krankenkasse angeschlossen ist, gestellt werden. Wenn Sie Fragen zur Pflegebedürftigkeit haben, können Sie sich an Ihre Pflegekasse wenden. Diese benennt Ihnen auch weitere Anlaufpunkte zur Beratung.