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Die Sexualität eines Seniors und die Arbeit eines Pflegers

Die Arbeit in der Altenpflege ist aufgrund ihrer Spezifizität mit verschiedenen Problemen verbunden, auf die wir – trotz Wissen und Erfahrung – nicht immer vorbereitet sind. Viele Situationen ergeben sich aus dem gesundheitlichen Zustand der pflegebedürftigen Person, es ist schwierig ohne medizinisches Wissen die Folgen einer Krankheit vorauszusehen.

Andere wiederrum sind auf den Charakter des Seniors, seine Art und individuelle Eigenschaften zurückzuführen. Eines der schwierigsten Angelegenheiten, welche die Pflegerin direkt betreffen, sind sämtliche Verhaltensweisen, die mit der Sexualität verbunden sind, darunter auch unanständige Witze, Getätschel, Berührungen, die wir nicht wünschen, manchmal auch zweideutige oder direkte sexuelle Anspielungen. Dies sind unangenehme und gleichsam schwierige Situationen, vor allem wenn wir eine gute Beziehung mit dem Senior aufrechterhalten wollen. Man sollte überlegen, wie man als Pflegerin in solch einer Situation reagieren sollte, um einerseits klare Grenzen zu setzen und andererseits nicht die Verhältnisse zu Hause zu zerstören.

 

Sexuelle Belästigung – was ist das und sind wir davon betroffen?

 

Eine typische sexuelle Belästigung ist jegliches unakzeptables Verhalten, dessen Ziel eine Erniedrigung oder Verletzung der Würde der anderen Person ist, die sich auf das Geschlecht bezieht oder sexuellen Charakter hat. Man spricht davon, wenn die belästigte Person nicht einverstanden mit solchen Verhaltensweisen ist und der anderen Person gegenüber Widerstand zeigt.  Es ist dabei wichtig, diesen Widerstand deutlich zu zeigen.


Belästigung kann einen unterschiedlichen Charakter haben. Man spricht von Belästigung, wenn man psychisch schikaniert wird, es zu zweideutigen Angeboten und Pseudo-Witzen, dem sogenanntem „Flirten“ kommt, sich über einen lustig gemacht wird und Anekdoten über das Sexualleben erzählt werden. Man spricht von einer körperlichen Belästigung, wenn man an unterschiedlichen Körperstellen berührt wird, es zu einem ungewollten Kuss, Umarmungen, Berührungen kommt, sexuelle Gesten gemacht werden, oder gar zur Vergewaltigung kommt (wobei dies aufgrund des fortgeschrittenen Alters, dem gesundheitlichem Zustand und den Möglichkeiten des Seniors eher unwahrscheinlich ist). Man kann auch zum Anschauen von pornografischen Filmen gezwungen werden oder erpresst werden in Form von „Ich gebe dir was, wenn du…“. Man spricht auch von einer Belästigung, wenn es ein Einzelfall ist und dieser ein Prozess ist, der sich über einen längeren Zeitraum wiederholt.

 

Die Tatsache, dass der Senior uns gegenüber einem gewissen Vorteil hat, da wir durch ihn Arbeit haben, gibt ihm nicht das Recht uns in eine unangenehme Situation zu bringen und die persönliche Unantastbarkeit zu verletzen. Man darf solch ein Verhalten niemals verharmlosen, das würde uns in unangenehme Situationen bringen. Zudem hängt es von uns ab, wieviel wir akzeptieren und was nicht. Wir dürfen solch ein Verhalten auch nicht als Witz oder harmlosen Flirt begründen, nur weil wir mit der Situation nicht zurechtkommen.

 

Wie soll man zurechtkommen, wenn man sich gemobbt fühlt

 

Man sollte erwähnen, dass es sich bei der Pflegerin oftmals um eine jüngere Person handelt, nicht selten zwischen 30-40 Jahren, die für den Senior körperlich attraktiv ist, mit ihm unter einem Dach lebt, viel Zeit mit ihm verbringt und sich um ihn kümmert. Dies kann den Senior dazu ermutigen, die Pflegerin zu provozieren und unangenehmen Situationen auszuliefern. Wie soll man am besten damit umgehen? Vor allem sollte man diese Tatsache ruhig, sachlich und professionell angehen, dabei überlegen, welche Ursachen solche Verhaltensweisen haben können, manchmal ist es auf neurologische Störungen zurückzuführen und die pflegebedürftige Person ist sich nicht bewusst, dass ihr Verhalten unangemessen ist und diese entblößt sich vor uns. Psychische Krankheiten im Alter (z. B. Demenz) verursachen, dass die Person ihre Umgebung nicht mit den angemessenen Standards wahrnehmen, sondern sie überschreiten oft gesellschaftliche Barrieren.

 

Abgesehen davon, ob das Verhalten unseres Seniors auf eine Krankheit zurückzuführen ist oder nicht, haben wir das Recht diese Verhaltensweisen nicht zu akzeptieren und unsere Unzufriedenheit zu zeigen. Wir sollten auf jeden Fall ausdrücklich anmerken, dass wir solch oder ein anderes Verhalten nicht wünschen. Wenn es erneut zu solch einem Vergehen kommt, sollten wird unsere Aussage wiederholen und hinzufügen, dass es uns nicht gefällt und wir damit nicht einverstanden sind, da es uns erniedrigt und verletzt – man muss seine Gefühle direkt äußern. Es ist äußerst wichtig, dass man gelassen ist und sich beherrscht, man sollte sich auch klar distanzieren, da sich der Senior ohne eine „harte” Reaktion unschuldig fühlen kann oder sogar noch angespornt fühlt. Welche Worte sollte man verwenden? Einfache und klare Worte, wie z. B. „Ich wünsche es nicht, dass Sie mich auf diese Art und Weise anfassen”, „Bitte haben Sie in meiner Anwesenheit immer die Hose zu”.  Seine Ablehnung kann man auch durch Verhaltensweisen zeigen – z. B. aus dem Raum gehen, das Bad verlassen, mit einem eindeutigen, angewiderten Gesichtsausdruck seine Unzufriedenheit zeigen und die pflegebedürftige Person komplett ignorieren. 

 

Sollten diese Maßnahmen keinen Erfolg bringen, kann man mit einer anderen männlichen Person, z. B. dem Sohn oder dem Schwiegersohn des Seniors, sprechen oder mit dem Hausarzt und diese um ein Gespräch mit dem Senior über dessen Verhaltensweisen bitten. Man sollte sich in solchen Situationen lieber an eine männliche Person wenden, da die Tochter oder Schwiegertochter sehr emotional reagieren könnte und das Gespräch nur wenig Erfolg bringen könnte. Wenn trotz dieser Maßnahmen sich die unangenehmen Handlungen des Seniors wiederholen, sollte man über einen Wechsel des Arbeitsplatzes nachdenken, ansonsten könnte der tägliche Stress bei der Arbeit die gegenseitige Kommunikation stören oder langfristig gesehen auch zu Lustlosigkeit führen, was eine richtige Pflege des Seniors negativ beeinflussen kann.  

 

Natürlich ist es eine komplett andere Situation, wenn wir es mit einer Person zu tun haben, die sich dessen nicht bewusst ist, was sie tut. In solchen Fällen sollte man die Aufmerksamkeit des Seniors schnell auf etwas anderes lenken, die ihn fesselt. Man sollte auch nicht die Stimme anheben oder gewaltsam reagieren und schon gar nicht schreien. Viele dieser unangenehmen Handlungen, welche die Pflegerin über sich ergehen lassen muss, sind tief in der Psyche der pflegebedürftigen Person verankert und nicht gegen die Pflegerin gerichtet.

Es hat sich herausgestellt, dass Pflegerinnen auf unterschiedliche Weise mit solchen Situationen zurechtkommen. Es gibt Personen, die solche Verhaltensweisen mit Humor angehen, da sie sich aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Seniors nicht gefährdet fühlen. Andere Pflegerinnen ekeln sich, sind angewidert und sogar verwirrt, dass sich Männer in höherem Alter nicht kontrollieren können. Andere Damen nehmen dies als etwas sehr Unangenehmes auf. Insgesamt scheint es jedoch, dass sich die Sexualität der Senioren in der Regel als eine Art von Aggression qualifiziert - verbal oder körperlich, aber so spezifisch, dass es nicht mit einer typischen sexuellen Belästigung in Verbindung gebracht wird.

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